22. Oktober 2022 – GSLV Mk. III hilft One Web aus der Klemme

Acht Monate nachdem die Starttätigkeit für den Internet-Dienstleister One Web zum Stillstand gekommen war, ging es nun weiter. Am 22. Oktober brachte eine indische Trägerrakete des Typs GSLV Mk. III die nächsten 36 Satelliten der Internet-Konstellation in eine niedrige Erdumlaufbahn. Es war mit etwa sechs Tonnen Gesamtgewicht die schwerste Nutzlast, die je mit einer indischen Trägerrakete in den Orbit transportiert worden war. Die Mission war der insgesamt 14. Start für die Konstellation. Bei den 13 vorausgegangenen Flügen war die russische Sojus 2.1b „Fregat“ als Träger eingesetzt worden. Dieser Trägertyp hätte auch alle weiteren Flüge der Phase 1 durchführen sollen.

Doch dann überfiel Russland die Ukraine. Die Vorbereitung für den Flug 14 vom russischen Raumfahrtzentraum Baikonur aus waren bereits voll um Gange. Die Mission hätte am 5. März erfolgen sollen, als Russland verlangte, dass sich England aus dem One Web-Vorhaben zurückziehen und zusätzlich eine Garantie dafür abgeben sollte, dass die Konstellation nicht für militärische Zwecke verwendet wird. Als England das Ultimatum ignorierte, beschlagnahmte Russland die bereits bezahlten Trägerraketen und die in Baikonur befindlichen Satelliten. So musste sich One Web neue Partner für die Starts suchen und fand sie in der NSIL (New Space India Limited), dem kommerziellen Arm der ISRO und in SpaceX. Die NSIL wird zwei Starts durchführen und SpaceX drei Missionen.

Um die Starts mit der GSLV Mk. III durchführen zu können, war eine Anpassung des Dispenser notwendig, die von der RUAG und von Arianespace vorgenommen wurde. Die Mission begann um 20:37 Uhr mitteleuropäischer Zeit (00:07 Uhr ostindischer Zeit am 23. Oktober). Die Satelliten wurden auf einem Perigäum von 588 Kilometern, einem Apogäum von 610 Kilometern und einer Bahnneigung zum Äquator von 87,43 Grad abgeliefert. Das ist signifikant höher, als es die Absetzbahn bei den Sojus-Starts war.

Die GSLV Mk. III (GSLV für „Geostationary Launch Vehicle) absolvierte erst ihren fünften Einsatz und ihre zweite kommerzielle Mission überhaupt. Sie ist derzeit Indiens stärkste Trägerrakete (von vier verfügbaren Typen). Die NSIL zeigte bei diesem Einsatz einige Flexibilität. Der Vertrag war erst im April unterzeichnet worden. Es gelang ihr, die Rakete in nur sechs Monaten für diese neue Nutzlast zu modifizieren und auf die Startrampe zu bringen.


Ein Beitrag von Eugen Reichl

Bild:Die Nutzlastverkleidung mit den darin eingeschlossenen Satelliten wird zum Startplatz transportiert. Quelle: NSIL/ISRO.