Vor 40 Jahren – Ulf Merbold fliegt als erster ESA-Astronaut ins All
Es war der neunte Flug des Space-Shuttle-Programms, bei dem Ulf Merbold am 28. November 2023 europäische Raumfahrtgeschichte schrieb. An diesem Tag startete das Space Shuttle Columbia mit dem deutschen Physiker an Bord vom Startkomplex 39A des Kennedy Space Center. Merbold war damit der erste Astronaut der europäischen Raumfahrtagentur ESA, und der erste Nicht-Amerikaner der bei der Mission STS-9 an einer US-Weltraummission teilnahm.
Erstflug auch für Spacelab
In der Nutzlastbucht von Columbia war erstmalig das Spacelab Weltraumlabor montiert, das im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung zwischen der ESA und der NASA am heutigen Airbus DS Standort in Bremen, unter Mitwirkung vieler europäischer Raumfahrtunternehmen, gebaut wurde.
Das etwas über vier Meter lange Forschungsmodul bot eine für heutige Verhältnisse recht hemdsärmelige Umgebung, in der erstmalig sechs Astronauten wissenschaftliche Experimente in verschiedenen Disziplinen durchführten.
Während der Spacelab-1 Mission führte die STS-9-Besatzung unter dem Kommando von John W. Young, dem Shuttle-Pilot Brewster H. Shaw, den beiden Missionsspezialisten Owen K. Garriott und Robert A. Parker, sowie die beiden ersten Shuttle-Nutzlastspezialisten Byron K. Lichtenberg und Ulf Merbold, 72 Experimente in den Bereichen Atmosphären- und Plasmaphysik, Astronomie, Sonnenphysik, Materialwissenschaften, Technologie, Astrobiologie und Erdbeobachtungen durch. Zum ersten Mal in der Geschichte des Shuttle-Programms wurde die Besatzung in zwei Zwölf-Stunden-Schichten aufgeteilt, so dass die Forschungsarbeiten rund um die Uhr durchgeführt werden konnten. Während der neuntägigen Mission leisteten das rote Team, bestehend aus den Astronauten Young, Parker und Merbold, sowie das blaue Team bestehend aus den Astronauten Shaw, Garriott und Lichtenberg perfekte Forschungsarbeit im All.
Ulf Merbold – Ein Pionier der europäischen Raumfahrt
Ulf Dietrich Merbold ist der erste ESA-Astronaut der in den Weltraum flog, und der erste Nicht-US-Bürger, der 1983 als Teil der STS-9 Spacelab-1 Besatzung an Bord der Columbia an einer Space Shuttle-Mission teilnahm. Er ist nach dem DDR-Kosmonauten Sigmund Jähn der zweite Deutsche im All.
Merbold, Jahrgang 1941, begann seine wissenschaftliche Laufbahn im Alter von 19 Jahren, als er an der Universität Stuttgart das Physikstudium aufnahm. Er promovierte 1976 zum Dr. rer. nat. Von 1967 bis 1978 arbeitete er auf dem Gebiet der Festkörper- und Tieftemperaturphysik am Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart.
1977 bewarb er sich, zusammen mit rund 2.000 anderen Wissenschaftlern, um die Aufnahme in das erste europäische Astronautenkorps. In einem harten Auswahlprozess wurden Mitte 1978 neben Merbold auch der Schweizer Claude Nicollier und der Niederländer Wubbo Ockels ausgewählt. Die Wahl für die Teilnahme am ersten Einsatz des Spacelabs fiel im Herbst 1982 auf Ulf Merbold.
Nach Spacelab-1 flog Merbold im Januar 1992 die Mission STS-42/IML-1 auf dem Space Shuttle Discovery. Unmittelbar danach begann er im Oktober 1994 mit den Vorbereitungen für die Mission Euromir ’94.
Dieser Einsatz war die erste ESA-Mission zur russischen Raumstation Mir. Sie diente vor allem als Testmission für die künftigen Einsätze des Columbus Weltraumlabors der Internationale Raumstation. Bei diesem dritten Raumflug blieb er einen Monat lang im Orbit.
Bei seinen drei Missionen verbrachte Merbold insgesamt 49 Tage im Weltraum. Er ist nicht nur der erste Nicht-US-Astronaut, der mit dem Shuttle flog, sondern auch der erste ESA-Astronaut, der mit Euromir ’94 an einer russischen Mission teilnahm.
Ein Beitrag von Timo Krone