ARTEMIS – Die Rückkehr zurück zum Mond hat begonnen

Fast 50 Jahre ist es her, seit mit der letzten Apollo-Mission Menschen auf dem Mond gelandet sind. Eine lange Zeit, doch mit dem Artemis-Programm will es die NASA gemeinsam mit der europäischen Raumfahrtagentur ESA wagen, zum Mond zurückzukehren. Sehnlich erwartet wurde daher die erste Mission des Orion-Raumschiffs, als Artemis I bezeichnet, die nach mehreren Startverschiebung am 16. November 2022 erfolgreich an Bord der neuen SLS Schwerlastrakete vom amerikanischen Kennedy Space Center aus gestartet ist. Im Rahmen des unbemannten Artemis I-Einsatzes wird das Zusammenspiel des neu entwickelten Orion-Raumschiff mit der Großrakete SLS (Space Launch System) und den dazu benötigten Bodensystemen getestet.

Artemis I Start Launch Complex 39B // Credit: NASA KSC

Doch warum ist der Mond plötzlich für die Raumfahrer wieder so präsent und so wichtig, wenn die letzte bemannte Mission zur Mondoberfläche 1972 war? Nun, seit der letzten Apollo-Mission (Apollo 17) haben Wissenschaftler eine Vielzahl neuer Erkenntnisse über den Mond gewonnen. Sie machen unseren Erdtrabanten für die Raumfahrt und die Wissenschaft noch kostbarer und interessanter. So wurde 2008 bestätigt, dass es dort Wasser in Form von Eis gibt, aus welchem sich beispielsweise Raketentreibstoff herstellen lässt. Zu den weiteren gefundenen Ressourcen gehört auch Helium-3, ein Isotop, welches eines Tages die irdische Energiewirtschaft revolutionieren könnte. Der Mond kann auch als Zwischenstation für noch ehrgeizigere Missionen, wie beispielsweise zum Mars, dienen. Was früher pure Science-Fiction war, kommt jetzt der Realität immer näher.

Die nun gestartete Artemis I-Mission fliegt noch ohne Besatzung. Sie dient zunächst dazu, die Funktion des Raumfahrzeugs zu validieren. Als „Astronauten“ wurden die beiden Dummies Helga und Zohar an Bord des Raumschiffes platziert. Die „Messpuppen-Zwillinge“ sind weiblichen Körpern nachempfunden. Während Helga vor Strahlen ungeschützt zum Mond fliegt, trägt Zohar eine neu entwickelte Strahlenschutzweste. Beide Dummies sind mit einer Vielzahl von Instrumenten und Sensoren ausgestattet, um wertvollen Messdaten dieser ersten Mission aufzuzeichnen. Die Mission ist Vorläufer der Artemis II-Mission, dessen Start für 2024 mit echten Astronauten an Bord geplant ist.

Orion im KSC // Credit: NASA Radislav Sinyak

Artemis II und III – Mit Menschen zum Mond

Die Artemis II-Mission soll bestätigen, dass alle lebenswichtigen Lebenserhaltungssysteme von Orion bereit sind, unter den Bedingungen des erdfernen Weltraums wie vorgesehen zu funktionieren. In ihrem Rahmen sollen Astronauten Verfahren zu erproben, um mit Artemis III die erste Frau und den nächsten Mann auf dem Mond zu landen.

Geplant für das Jahr 2025, wahrscheinlich aber später, sollen dann erstmals nach Apollo 17 wieder Menschen auf dem Mond landen. Aus der Mondumlaufbahn werden zwei Astronauten die erste neue Expedition zur Mondoberfläche unternehmen und einen Ort besuchen, den Apollo nicht erreichen konnte: den Südpol des Erdtrabanten. Aufgrund seines potenziellen Zugangs zu Eis und anderen Bodenschätzen ist dies der ideale Standort für ein zukünftiges Mond-Basislager.

Artemis I Crew Helga und Zohar // Credit: NASA-LM-DLR

Bei den ersten Missionen wird das Human Landing System (englisch für: menschliches Landesystem) auch als Habitat dienen und die notwendigen Lebenserhaltungssysteme zur Verfügung stellen, um einen etwa einwöchigen Aufenthalt der Astronauten auf dem Mond zu unterstützen. Für die Zukunft sieht die NASA allerdings im Artemis Base Camp einen festen Lebensraum vor, der bis zu vier Astronauten für längere Aufenthalte beherbergen kann.

Aufbauend auf diesen frühen Missionen soll das Artemis-Programm die NASA zunächst zu langfristigen Erkundungen der Mondoberfläche befähigen und danach auch Expeditionen zum Mars unterstützen.

Orion auf dem Weg zum Mond // Credit: NASA

ORION-Besatzungsmodul und Orion-ESM

Das Orion-Raumfahrzeug besteht aus zwei Hauptelementen: dem Besatzungsmodul der NASA, das bis zu vier Astronauten als Lebensraum dient und dem europäischen Servicemodul (ESM) der ESA, welches für Antrieb, Energie, Wasser, Sauerstoff und Stickstoff sorgt und das Raumschiff während der Reise auf Kurs hält. Zusammen bilden die beiden Elemente das Orion Multi-Purpose Crew Vehicle oder kurz Orion MPCV.

Das Besondere an diesem Programm ist, dass die NASA zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein nicht-amerikanisches Unternehmen mit der Entwicklung und dem Bau eines missionskritischen Elementes wie dem Service-Modul für ein bemanntes amerikanisches Raumfahrtprogramm betraut. Im Rahmen der Artemis-Vereinbarung zwischen der NASA und der ESA wurde Airbus Defense and Space in Bremen, mit Partnern wie der ArianeGroup in Lampoldshausen undThales Alenia Space in Turin für die Entwicklung und den Bau des ESM beauftragt. Ein enormer Vertrauensbeweis in die Leistungsfähigkeit der europäischen Raumfahrtnationen und ein beachtenswerter Ritterschlag für die involvierten Raumfahrtunternehmen.

Das europäische Servicemodul (kurz: ESM), welches federführend von Airbus DS im Auftrag der ESA entwickelt wurde und gebaut wird, ist für den Antrieb, die Energie-, Luft- und Wasserversorgung der Astronauten sowie die Temperaturkontrolle des gesamten Raumfahrzeugs während der Mission verantwortlich.

Während Airbus DS als Hauptauftragnehmer der ESA für das ESM gesamtverantwortlich ist, steuert die ArianeGroup wesentliche Bestandteile des Antriebssystems, wie das Lageregelungssystem, Treibstofftanks und Hochdrucktanks mit den Hochdruckregeleinheiten bei. Dazu kommen Dienstleistungen wie die Systemintegration und des Tests des Antriebssystems und für die Gesamt-Abnahme des ESM in den USA dazu. Thales Alenia Space zeichnet für die Primär- und Sekundärstruktur und die thermomechanischen Systeme des ESM verantwortlich.

Mittlerweile befinden sich bereits das zweite und dritte ESM für die Missionen Artemis II und Artemis III im Bau. Mit Hilfe dieser Einheiten werden dann erstmals Astronauten zum Mond und wieder zurück zur Erde fliegen.

Ein Blick von Artemis I Orion auf die Erde 9 Stunden nach dem Start // Credit: NASA TV

Ein Beitrag von Timo Krone, Senior Program Manager bei einem großen europäischen Unternehmen der Luft- und Raumfahrt.