JUICE und die fünf Geheimnisse des Jupiters

Wenn am 13. April 2023 die vorletzte Ariane 5 vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guayana startet, wird sie einen ganz besonderen Passagier auf der Reise ins All an Bord haben. JUICE oder besser den Jupiter ICy Moons Explorer der europäischen Raumfahrtagentur ESA.

JUICE ist die erste „large-class“ Mission des ESA Wissenschaftsprogramms Cosmic Vision und ein durchaus beeindruckendes Meisterwerk modernster Raumfahrttechnologie, welches die Frage aller Fragen klären soll. Gibt es außerhalb der Erde weiteres Leben? Vielleicht sogar in unserem eigenen Sonnensystem?

Um Antworten auf diese Frage zu finden, ist JUICE mit zehn hochmodernen Instrumenten und einem wissenschaftlichen Experiment namens PRIDE ausgestattet, dass das Telekommunikationssystem des Raumfahrzeugs mit bodengestützten Radioteleskopen nutzt.

JUICE kommt in Französisch_Guayana an – Credit ESA

Schlüsselgeheimnisse

Das übergeordnete Thema von JUICE ist die Entstehung bewohnbarer Welten um Gasriesen. In unserem Sonnensystem kennen wir nur einen Körper, der die Entstehung von Leben erlebt hat: Unsere Erde. Doch ist der Ursprung des Lebens nur einzigartig auf unserem Planeten oder könnte er auch anderswo in unserem Sonnensystem vorhanden sein? JUICE soll nun den Geheimnissen des Jupiters auf die Spur kommen und fünf Schlüsselgeheimnisse erforschen:

  • Wie sehen Jupiters Ozeanwelten aus?
  • Warum ist Ganymed so einzigartig?
  • Könnte es im Jupitersystem Leben geben – oder gab es jemals Leben?
  • Wie hat Jupiters komplexe Umgebung seine Monde geformt und umgekehrt?
  • Wie sieht ein typischer Gasriesenplanet aus – wie ist er entstanden und wie funktioniert er?

Dazu im Einzelnen mehr.

Wie sehen Jupiters Ozeanwelten aus…?

Von den drei Jupitermonden Ganymede, Europa und Callisto, die zusammen mit Io auch als „Galileische Monde“ bekannt sind, wird angenommen, dass sie Ozeane aus flüssigem Wasser unter ihren eisigen Krusten haben. Wie weit unter der Oberfläche beginnen diese Ozeane und wie tief sind sie? Enthalten sie Salz- oder Süßwasser und wenn ja, wie viel davon?

JUICE wird diese drei „Wasserwelten“, welche vermutlich bis zu sechsmal so viel Wasser wie die Ozeane der Erde enthalten, untersuchen.

Jupiters größte Monde – Credit NASA

… und warum ist Ganymed so einzigartig?

Von den drei Monden wird das primäre wissenschaftliche Ziel von JUICE der Jupitermond Ganymed sein, der größte Mond im Sonnensystem – größer als Pluto und Merkur – und der einzige mit einem intrinsischen Magnetfeld. Nur zwei andere feste Körper im Sonnensystem erzeugen Dipolfelder wie Ganymed und beide sind Planeten (Merkur und Erde), von denen einer Leben beherbergt.

JUICE wird sich auf die Charakterisierung dieses Mondes konzentrieren und gleichzeitig durch seine Beobachtungen von Europa und Callisto eine vergleichende Studie der drei „Wasserwelten“ von Jupiter erstellen.

Könnte es Leben im Jupiter-System geben – oder gab es jemals?

Zu bestimmen, ob die Jupitermonde die richtigen Bedingungen für die Bewohnbarkeit bieten, ist eines der Kernziele von JUICE. Könnte dort irgendwo Leben entstanden sein? Hat einer der galiläischen Monde die Bausteine, die zum Leben benötigt werden?

Durch die Untersuchung der verborgenen Ozeane, des Magnetismus, der Erwärmungsprozesse, der Gezeiteneffekte, der Umlaufbahnen, der Oberflächenaktivität, der Kerne und Zusammensetzungen, der Atmosphären und der Weltraumumgebung der galiläischen Monde wird JUICE erkunden, ob die für das Leben notwendigen Bedingungen jemals auf Ganymed, Europa oder Callisto entstanden sein könnten.

Wie hat Jupiters komplexe Umgebung seine Monde geformt und umgekehrt?

Jupiter hat eine starke und einzigartige Gravitations-, Magnet- und Plasmaumgebung. Bemerkenswerterweise ist das Magnetfeld von Jupiter etwa 20-mal stärker als das der Erde. Das Verständnis der komplexen magnetischen Umgebung des Planeten bleibt eines der herausragenden Geheimnisse des Sonnensystems und JUICE will es lösen. Vor allem: Wie hat diese raue Umgebung die Bedingungen auf den galiläischen Monden geprägt und wie interagieren Jupiter und seine Monde?

Wie sieht ein typischer Gasriesenplanet aus – wie ist er entstanden und wie funktioniert er?

Das Jupitersystem ist nicht nur ein Urbild für die Gasriesen des Sonnensystems, sondern auch für die vielen Riesenplaneten, von denen jetzt bekannt ist, dass sie andere Sterne als unseren eigenen umkreisen.

Eines der Hauptziele von JUICE ist es zu verstehen, wie Gasriesenplaneten und ihre Monde entstehen und sich entwickeln. Das Verständnis des Ursprungs, der Geschichte und der Entwicklung von Jupiter und seinen Monden wird dringend benötigte Einblicke in die Bildung und Entwicklung eines solchen Planetensystems und seiner Bestandteile im Laufe der Zeit geben und aufzeigen, wie möglicherweise bewohnbare Umgebungen in jupiterähnlichen Systemen um andere Sterne herum entstehen können. Insgesamt wird JUICE eine vollständige Charakterisierung von Jupiter sowohl als Planet als auch als System ermöglichen. Es wird untersuchen, wie Planetensysteme wie Jupiters funktionieren, im Sonnensystem und darüber hinaus.

In 8 Jahren zum Jupiter

Auf ihrer 8-jährigen Reise in Richtung Jupiter, bei der JUICE die Gravitationsunterstützung von Erde, Venus und dem Erde-Mond-System nutzt, wird die Raumsonde voraussichtlich im Juli 2031 in eine Umlaufbahn um den riesigen Gasplaneten Jupiter und seinen drei großen Monden Ganymed, Callisto und Europa eintreten. Bereits sechs Monate vor Eintritt in die Umlaufbahn um Jupiter wird JUICE seine nominelle Wissenschaftsphase beginnen. In der Jupiter-Umlaufbahn angekommen wird JUICE die drei Monde sowohl als planetarische Objekte, als auch als mögliche Lebensräume charakterisieren, die komplexe Umgebung von Jupiter eingehend erforschen und das breitere Jupitersystem als Urbild für Gasriesen im gesamten Universum untersuchen.

Dabei wird JUICE die erste Raumsonde sein, die jemals einen Mond im äußeren Sonnensystem, im Fall von JUICE der Jupitermond Ganymed, umkreist.

JUICEs Vorbeiflug am Erde-Mond-System, bekannt als Lunar-Earth Gravity Assist (LEGA), ist eine Weltneuheit. Dabei wird JUICE zum ersten Mal durch einen „nahen“ Vorbeiflug am Mond und 36 Stunden später an der Erde Schwung holen, und somit zum ersten Mal aus der Umlaufbahn eines anderen Planeten in einen Orbit um einen seiner Monde wechseln und damit auch zum ersten Mal überhaupt einen anderen Mond als unseren eigenen umkreisen. Dieses Manöver wird JUICE in die Lage versetzen, eine erhebliche Menge an Treibstoff auf der Reise zum Jupiter einzusparen.

Die technische Ausstattung von JUICE

Das Raumschiff ist mit einem Labor von Instrumenten ausgestattet, die Jupiters turbulente Atmosphäre und riesige Magnetosphäre untersuchen, sowie die planetengroßen Monde Ganymed, Europa und Callisto erkunden werden. Darunter die leistungsstärkste Fernerkundungs-, geophysikalische und In-situ-Nutzlastergänzung, die jemals zum äußeren Sonnensystem geflogen ist.

Das Fernerkundungspaket (JANUS, MAJIS, UVS, SWI) umfasst bildgebende und spektrale Bildgebungsfähigkeiten vom ultravioletten bis zum Submillimeterbereich

Das geophysikalische Paket umfasst einen Laser-Altimeter (GALA) und ein Radarlot (RIME) zur Erkundung der Mondoberfläche und des Untergrunds, sowie ein radiowissenschaftliches Experiment (3GM) zur Untersuchung der Atmosphäre des Jupiters und seiner Satelliten und zur Messung ihrer Schwerefelder.

Das In-situ-Paket enthält eine leistungsstarke Suite von Instrumenten zur Untersuchung der Partikelumgebung (PEP), ein Magnetometer (J-MAG) und ein Radio- und Plasmawelleninstrument (RPWI), einschließlich Sensoren für elektrische und magnetische Felder und vier Langmuir-Sonden.

Diese zehn Instrumente werden durch ein PRIDE (Planetary Radio Interferometer & Doppler) Experiment ergänzt, das bodengestützte Very-Long-Baseline-Interferometrie verwendet, um die Position und Geschwindigkeit des Raumfahrzeugs genau zu bestimmen.

JUICE ist ein dreiachsig stabilisiertes Raumfahrzeug, welches ausgestattet mit zehn Sonnenkollektoren und einer 2,5 Meter langen High-Gain-Antenne eine Trockenmasse von etwa 2400 kg und betankt ein Gewicht von etwa 6000 kg auf die Waage bringt.

Jedes der zehn Solarmodule misst etwa 2,5 m x 3,5 m, wovon jeweils fünf auf jeder Seite des Raumfahrzeugs in einer markant kreuzförmigen Anordnung eingesetzt sind und eine Fläche von etwa 85 Quadratmetern haben.

Der vorletzte Flug der Ariane 5 ECA

Mit dem Start von JUICE wird die Ariane 5 ihre 116. Mission und ihren vorletzten Flug antreten. Der europäische Schwerlast-Träger wird nach seinem letzten geplanten Einsatz, im Juni 2023, von der neuentwickelten Ariane 6 ersetzt werden.


Ein Beitrag von Timo Krone